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Claudia Weiß: Praktikum am Christian-Wolff-Haus in Halle

Während meines Praktikums am Stadtmuseum, Christian-Wolff-Haus Halle   , von März bis April 2013 hatte ich die Möglichkeit, ein konkretes Projekt im Ausstellungsbereich zu bearbeiten. Das Stadtmuseum ist in der Großen Märkerstraße in der Nähe des Marktplatzes gelegen. Es besteht aus dem ehemaligen Wohnhaus des Mathematikers und Philosophen Christian Wolff (1679–1754) und den Gebäuden des früheren Druck- und Verlagshauses Gebauer-Schwetschke. Eine der beiden Dauerausstellungen, die hier präsentiert werden, informiert die Besucher über Halle im 18. Jahrhundert. Die andere, deren erster Teil im Mai 2013 eröffnet wurde, ist der Stadtgeschichte gewidmet. Mein Arbeitsprojekt war Bestandteil der Vorbereitungen für den zweiten Abschnitt der Ausstellung zur halleschen Geschichte, welcher derzeit noch erarbeitet wird.

Christian-Wolff-Haus (Stadtmuseum Halle)

Christian-Wolff-Haus (Stadtmuseum Halle)

Christian-Wolff-Haus (Stadtmuseum Halle)

Ich setzte mich mit einem historischen Thema der Aufklärungsepoche mit spezifischem Blick auf die Region Halle auseinander: der Zuwanderung von Hugenotten und Pfälzern ab dem Ende des 17. Jahrhunderts. Diese waren reformierte Protestanten und kamen als Glaubensflüchtlinge in die Stadt. Nachdem der französische König Ludwig XIV. am  8. Oktober 1685 das Edikt von Nantes aufgehoben hatte, welches den Reformierten in Frankreich bürgerliche Gleichstellung und Religionsfreiheit ermöglicht hatte, flohen viele Hugenotten nach Brandenburg-Preußen, zu dem Halle in damaliger Zeit gehörte. Ähnlich verhielt es sich mit den pfälzischen Einwanderern, die ebenfalls aufgrund religiöser Verfolgung das Gebiet der Kurpfalz verließen. Wie die Hugenotten gründeten auch sie in Halle sowohl eine eigene Kolonie mit beispielsweise selbständiger Gerichtsbarkeit als auch eine reformierte Gemeinde. Aus der französischen und der deutsch-reformierten Gemeinde ging durch einen Zusammenschluss im Jahr 1809 die reformierte Domgemeinde hervor, die bis heute in Halle existiert. Wurden die Hugenotten und Pfälzer von einem Teil der Einheimischen zunächst feindselig empfangen, so gliederten sie sich doch im Verlauf des 18. Jahrhunderts zunehmend in die Stadtgemeinschaft ein oder zogen – v. a. aus wirtschaftlichen Gründen – in andere Städte wie Leipzig weiter.

Handschuhspanner aus der Fabrik des Hugenotten-
nachfahren J. W. Dan

Handschuhspanner aus der Fabrik des Hugenotten- nachfahren J. W. Dan

Handschuhspanner aus der Fabrik des Hugenotten-
nachfahren J. W. Dan

Die Einwanderer brachten eine Fülle verschiedener Gewerbe mit. Sie waren beispielsweise Strumpfwirker, Perückenmacher und Fabrikanten von Samt, Spitzen und Tapeten. Insbesondere die Produktion von Luxusartikeln wie Seidenstrümpfen und Glacéhandschuhen war neu für die Saalestadt. Die Hugenotten- familie Dan, die 1694 aus Grenoble geflüchtet war, gründete in Halle eine der ersten Handschuhmanufakturen und ihre Nachfahren belebten die Handschuhtradition nach einer Unterbrechung im 19. Jahrhundert wieder. Ein interessantes Objekt in diesem Zusammenhang, mit welchem ich mich während des Praktikums auseinandergesetzt habe, ist  ein hölzerner Handschuhspanner aus der „Handschuhfabrik J. W. Dan“ (ca. 1905), der sich im Bestand des Stadtmuseums befindet.

Betreut wurde ich bei meiner Praktikumstätigkeit insbesondere von Susanne Feldmann, der Kuratorin der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung, sowie Cornelia Zimmermann, der Kuratorin der Dauerausstellung zum 18. Jahr- hundert. Beiden sowie auch dem ganzen Team des Stadtmuseums möchte ich an dieser Stelle für die sehr anregende Zusammenarbeit danken.

Ich erarbeitete während meiner Praktikumszeit eine Materialsammlung zum oben beschriebenen Thema, bestehend aus einer Zusammenstellung von historischen Hintergründen sowie einer Auflistung von möglichen Objekten für die Ausstellung. Hierzu betrieb ich einerseits eine umfangreiche Literaturrecherche und -auswertung und andererseits eine Objektrecherche in den Beständen des Stadtmuseums wie auch anderer hallescher Archive und Einrichtungen. Meine Ausarbeitungen sollten als Vorarbeit für die Umsetzung des genannten Themenbereichs in der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung dienen.

Bei meiner Tätigkeit im Museum lernte ich, wie wichtig die genaue visuelle Untersuchung von Objekten ist und was für historische Zusammenhänge sich allein daraus erschließen lassen. Für die Einordnung der Gegenstände war jedoch eine Beschäftigung mit der existierenden (Forschungs-) Literatur zum Thema ebenso grundlegend. Das methodische Wissen aus der Universität konnte ich hierfür gewinnbringend nutzen. Denn neben Vorkenntnissen in Form eines Faktenwissens zur Aufklärungszeit waren besonders Arbeitstechniken sehr hilfreich, die ich im Universitätsbetrieb erworben hatte. Dies meint die Fähigkeit, Literatur zu recherchieren, zu bearbeiten und zusammenzufassen, Quellen zu bewerten und aus den erarbeiteten Fakten eine Zusammenfassung zu erstellen.

Ausstellungstafel zum Thema Hugenotten und Pfälzer in Halle

Ausstellungstafel zum Thema Hugenotten und Pfälzer in Halle

Ausstellungstafel zum Thema Hugenotten und Pfälzer in Halle

Ich hatte die Aufgabe, eine Auswahl aus den von mir ermittelten Objekten zu treffen, und begründete diese sowohl nach ästhetischen, praktischen als auch inhaltlichen Erwägungen. So konnte ich üben, thematisch bedeutende, für den Besucher anschlussfähige oder auch optisch reizvolle Objekte für eine Ausstellung herauszufiltern. Auch die für die Museumsarbeit oft essentielle Aufgabe einer Beschränkung auf Teile des verfügbaren Materials lernte ich kennen – was sich sowohl auf die aufgefundenen Objekte als auch die Informationen dazu bezieht. In einer Ausstellung steht nur ein begrenzter Raum für ein Thema zur Verfügung und dieser muss möglichst gut genutzt werden. Außerdem wurde mir deutlich, dass die einzelnen Vitrinen und Sektionen einer Ausstellung thematisch wie präsentationslogisch stets an dem übergreifenden Ausstellungskonzept teilhaben.

Während meines Praktikums konnte ich interessante Erfahrungen in der Zusammenarbeit sowohl mit dem Team des Stadtmuseums als auch mit externen Partnern wie der Evangelisch Reformierten Domgemeinde Halles sammeln. Hierdurch erhielt ich Hinweise für die unmittelbare Arbeit, aber auch für weitere Projekte, wie z. B. die Wanderausstellung zur Migrationsgeschichte Halles „Wandern – Siedeln – Gestalten“, an der ich mich mit einer Ausstellungstafel zur Einwanderung der Hugenotten und Pfälzer beteiligte.

Claudia Weiß

Bilder:

  • oben: Ansicht des Christian-Wolff-Hauses, Stadtmuseum Halle, Foto: Stadt Halle (Saale), Thomas Ziegler
  • Mitte: Handschuhspanner, Sammlung Stadtmuseum Halle, Foto: Stadt Halle (Saale), Thomas Ziegler
  • unten: Ausstellungstafel der Wanderausstellung "Wandern – Siedeln – Gestalten", Foto: Claudia Weiß

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