Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Ronja Hohbach: Praktikum an der Stiftung Händel-Haus

©Händel-Haus

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Mein Praktikum absolvierte ich in der Pressestelle des Händel-Hauses zur Zeit der Händel-Festspiele vom 2. Mai bis 12. Juni 2016. Die zentrale Aufgabe bestand in der Projektassistenz zur Durchführung des 21. Schaufensterwettbewerbs mit dem Themenschwerpunkt „Geschichte, Mythos, Aufklärung“.

Die Stiftung Händel-Haus vereint unter ihrem Dach das Händel-Haus-Museum sowie die Händel-Festspiele. [http://www.haendelhaus.de]    Das Museum im Geburtshaus des Komponisten Georg Friedrich Händels (*1685 in Halle (Saale); † 1759 in London) zeigt Dauer- und Sonderausstellungen über das Leben des Komponisten und eine Sammlung barocker Musikinstrumente. Dazu finden im Haus Trauungen und Konzertveranstaltungen statt und es gibt ein angegliedertes Restaurant.

Der berühmte barocke Komponist war 1685 in Halle an der Saale geboren worden und hinterließ der Stadt ein kulturelles, international anerkanntes Erbe, das sich in der Stiftung Händel-Haus bündelt und für die Stadt Halle eine identitätsstiftende Aufgabe übernimmt. Händel-Zeugnisse, wie beispielsweise die Statue auf dem Marktplatz, die jährlichen Festspiele oder die „Händel-Halle“ verleihen der Stadt ein Gesicht und locken internationale Touristen an. Im Rahmen der jährlich stattfindenden Händel-Festspiele werden seit 1952 in Zusammenarbeit mit der Oper Halle und verschiedenen Orchestern jährlich im Mai/Juni Konzerte an verschiedenen Veranstaltungsorten in Halle aufgeführt. Begleitend zum jeweiligen Themenschwerpunkt wird eine wissenschaftliche Konferenz ausgerichtet, vor allem in Zusammenarbeit mit dem Institut für Musikwissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, aber auch mit anderen universitären Fachgebieten wie der Anglistik, die im Zusammenhang mit Georg Friedrich Händel und seiner Zeit stehen. Der Themenschwerpunkt 2016, „Geschichte – Mythos – Aufklärung“, wird durch die Tagung „Mythos Aufklärer – Mythos Volk“ bearbeitet. Der diesjährige Themenschwerpunkt wurde gewählt, da man in der DDR in die Person Georg Friedrich Händel das Bild des „sittlichen Erziehers“ hineininterpretiert habe und er so mit der Epoche und dem Assoziationsfeld „Aufklärung“ in Verbindung gebracht wurde. Die damalige Musikwissenschaft entdeckte in Händels Opern die Vermittlung aufklärerischer „Lebensratschläge“ , wie beispielsweise die Verhinderung von Übermut und Leichtfertigkeit in der Oper „Acis and Galatea“. Einerseits wurden mit dieser Neuinterpretation Händels solche „vergessenen Opern“ neu inszeniert, andererseits wurde im Rahmen der Konferenz die Händel-Rezeption kritisch beleuchtet. Hier wurde die These aus Theodor W. Adornos und Max Horkheimers „Dialektik der Aufklärung“  neu diskutiert, die Aufklärung sei, anstatt den Mythos zu kritisieren, selbst zum Mythos geworden.

Beflaggung vor den Händel-Festspielen (© dubisthalle.de)

Beflaggung vor den Händel-Festspielen (© dubisthalle.de)

Beflaggung vor den Händel-Festspielen (© dubisthalle.de)

In der Pressestelle, wo ich das Praktikum absolvierte, wird alles produziert, was mit der Repräsentation und der Kommunikation der Stiftung mit anderen kulturellen Akteuren und mit den „Konsumenten“, den Gästen der Händel-Festspiele, den Einwohnern der „Händel-Stadt“ und Musikinteressierten zu tun hat. Das Layout der Broschüren und Informationsblätter der Händel-Festspiele, regelmäßige Pressemitteilungen über die laufenden Veranstaltungen am Händel-Haus oder eigenen Werbe-Ideen wie neu gestaltete Flaggen vor dem Rathaus, die zu Beginn der Händel-Festspiele gehisst werden, stehen unter der Obhut der Pressestelle. Auch die Pflege von Social Media und Homepage ist ein Teil der Öffentlichkeitsarbeit. Zudem ist die Akkreditierung der Journalisten eine wichtige Aufgabe. Natürlich ist das Büro während der Festspiele geöffnet und die Presse-Referentin Frau Scheunpflug steht für die Fragen der Künstler und Journalisten zur Verfügung.

In der Pressestelle verortet ist auch der Schaufensterwettbewerb, der im Vorfeld der Händel-Festspiele die Geschäfte der Halleschen Innenstadt dazu aufruft, ihre Schaufenster passend zum Thema Georg Friedrich Händel und dem jährlich wechselnden Themenschwerpunkt der Festspiele zu schmücken, dessen Organisation ich größtenteils übernehmen durfte. Durchgeführt wird der Wettbewerb seit nunmehr 21 Jahren mit Kooperationspartnern wie der „Citygemeinschaft Halle“, einem Verein, dessen Mitglieder Geschäftsinhaber der Stadt sind [http://www.citygemeinschaft-halle.de/   ]. Durch den Schaufensterwettbewerb sorgt das Händel-Haus dafür, als Kulturträger in die Stadt integriert zu sein und enge Kontakte zu Geschäftsinhabern zu pflegen, die in diesem Format spielerisch gegeneinander antreten. Von den Geschäften der City-Gemeinschaft werden auch die zu verleihenden Preise gesponsert. Beim Wettbewerb profitieren alle Beteiligten: So stellt der Wettbewerb den Touristen in Halle gegenüber ein einheitliches, gemeinsames Stadt-Image dar, es kommt dem Händel-Haus zugute, dass durch die geschmückten Schaufenster gleichzeitig Werbung für die eigenen Veranstaltungen gemacht wird, und das Geschäft, das beim Wettbewerb gewonnen hat, kommt für einige Wochen in die (lokalen!) Schlagzeilen.

Mohrenapotheke mit Händel-Dekoration 2016 (© www.citygemeinschaft-halle.de)

Mohrenapotheke mit Händel-Dekoration 2016 (© www.citygemeinschaft-halle.de)

Mohrenapotheke mit Händel-Dekoration 2016 (© www.citygemeinschaft-halle.de)

Es nahmen 25 Geschäfte am Wettbewerb teil und am 5. Juni wurden die Schaufenster durch die fünf Jurymitglieder Wolfgang Fleischer (Vorsitzender der Citygemeinschaft Halle), Claudia Rohrbach (IG Alter Markt), Sabine Wirth (Galeria Kaufhof), Kay Gerhard (Stadt Halle) ausgewertet. Die drei Kriterien zur Bewertung der Schaufensterdekoration waren 1. Das Verhältnis zum Themenschwerpunkt „Geschichte – Mythos – Aufklärung“ der Händel-Festspiele; 2. das Verhältnis von Dekoration / Titel der Händel-Festspiele / Verkaufsprodukten; 3. Kreativität. Viele Schaufenster zeigten Schaufensterpuppen mit Allongeperücken und stellten Musikinstrumente oder Musiknoten aus. Aber auch Außergewöhnliches gab es zu entdecken, wie eine nachgestellte Szene der Händel-Festspiele, das Konzert in der Galgenschlucht aus Gummibärchen, oder PopArt-Dekoration mit einem Händel-Portrait. Am meisten Punkte gewann die Mohrenapotheke in der Reil-Straße: Die vielen Fächer einer robusten Holzkommode, verschiedene Messing-Gefäße in verschiedenen Größen und die kupferne Waage erinnerten an die geheimnisvollen Wissenschaften der Physik, der Chemie und der Alchemie in der Zeit der Aufklärung. Ein schwarz-weißes Händel-Porträt rundete das Bild ab.

Ich denke, der Themenschwerpunkt kam dem Geschäft selbst als Apotheke zugute, denn im Fach der Pharmazie gibt es einige Aspekte, die den Begriff „Aufklärung“ aktuell erscheinen lassen. Man denke an die Diskussion über „konventionelle“ Medizin, im Gegensatz zu „alternativer“ Medizin wie der Homöopathie, welche eine Errungenschaft der Spätaufklärung ist und doch immer unter dem Vorwurf steht, wissenschaftlich nicht fassbar zu sein. So entstand die Assoziation zur Aufklärung bei den Jurymitgliedern, denn beim Thema „Aufklärung“ schwingt auch immer die schwierige Abgrenzung zu „Nicht-Aufgeklärtem“ mit. Die historisch immer wieder neu gefassten Grenzen zwischen „Mythos“ und „Rationalität“ machen den Begriff „Aufklärung“ so facettenreich.

Zum Abschluss möchte ich noch Frau Scheunpflug danken für die sechs lehrreichen und gelungenen Wochen in der Pressestelle des Händel-Hauses. Das Praktikum hat mir sehr gut gefallen und ich kann mir vorstellen, in Zukunft in der Pressestelle einer kulturellen Einrichtung zu arbeiten.

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